Die Liebe zu den Ganzzahlen

22.03.2016   Teilen auf  Facebook Twitter Google+

Was haben Planespotting, Sternegucken und Krötenschutz gemeinsam?

Richtig - alle drei sind ausgefallene Hobbies, bei denen man sich draußen aufhält und in die Menschen unglaubliche Mengen an Zeit und Energie investieren. Ein Hobby, das wohl noch etwas ausgefallener ist, hat mittlerweile nicht nur eine große, internationale Community, sondern feierte auch vor wenigen Wochen sein 20jähriges Jubiläum. Die Rede ist von Confluence Hunting.

Besondere Orte sind oft da, wo man sie nicht vermutet.

Eine so genannte Degree Confluence ist die Überschneidung einer vollen Längen- und Breitengradlinie. Würde man beispielsweise vom Ort Greenwich in England (Länge 0°) nach Süden bis zum Äquator (Breite 0°) fahren, befände man sich am Ort (0, 0) - und gleichzeitg mitten im Atlantik.

Das “Degree Confluence Project”

Im Februar 1996 schwang sich Alex Jarret im US-Bundesstaat New Hampshire mit einem Kumpel aufs Fahrrad, um den Ort 43°00’00”N 72°00’00”W zu besuchen. Er hatte sich vor kurzem einen (damals noch nicht weitverbreiteten) GPS-Tracker zugelegt und war neugierig, wie es an dem Ort wohl aussehen würde. Würden andere Leute diesen aufgrund seiner besonderen Koordinaten ebenfalls besuchen? Würde es dort ein Schild oder eine Inschrift geben?

Wenig verwunderlich fanden die beiden - gar nichts. Sie standen mitten im Wald und knipsten ein paar Fotos von Bäumen und Steinen. Doch das Interesse war geweckt: Wie sieht es an anderen solchen Überschneidungsorten auf der Welt aus? Wie viele besuchbare Confluences gibt es überhaupt? Und so rief Alex das “Degree Confluence Project” ins Leben und im Internet Leute aus aller Welt dazu auf, Confluences zu besuchen und zu dokumentieren.

Die Liebe zu den ganzzahligen Längengrad-Breitengrad-Paaren verbreitete sich rasant. Mittlerweile haben fast 13.000 Personen über 7.000 Confluences in 189 Ländern von A wie Afghanistan bis Z wie Zimbabwe besucht und fotografiert. Auf confluence.org könnt Ihr diese durchblättern und bestaunen.

Virtuell trifft real

Die allermeisten dieser Orte befinden sich irgendwo in der Natur, auf Feldern, in den Bergen oder der Steppe. Oft sind sie nicht leicht zugänglich und es ist auch nicht vorgesehen, dorthin zu wandern, zu fahren oder zu klettern. Doch genau das macht für die Confluence Hunter den Reiz aus: Wie überlagern sich das vom Menschen erschaffene Koordinatensystem mit der echten Welt, die von dieser Einteilung nicht weiß? Für viele ist Confluence Hunting eine Kunstform und einige Confluences wurden zuerst von Aktionskünstlern aufgesucht.

Manchmal liegen Confluences auch in bewohntem Gebiet, was dazu führen kann, dass Confluence Hunter sich fast bis in den Vorgarten nichtsahnender Anwohner pirschen müssen.

Wie viele?

Und nun noch zur eingangs gestreiften Frage: Wie viele Confluences gibt es denn? Da die Längen- und Breitengradlinien ja zu den Polen hin immer enger zusammenlaufen, sind die Confluences verschieden dicht gesät und nicht alle gleich interessant. Zudem fällt ein Großteil der Überschneidungspunkte in die Weltmeere, wo es - mit Verlaub - meistens gleich langweilig aussieht. In den “Spielregeln” des Projekts wurde deshalb früh definiert, welche Überschneidungen wichtig sind (Primary Confluences) und welche weniger wichtig (Secondary Confluences). Es gibt:

  • 64.442 Überschneidungen ganzzahliger Längen- und Breitengrade
  • 16.347 Überschneidungspunkte die offiziell “gejagt” werden können
  • 9.938 nach wie vor unbesuchte / undokumentierte Confluences
  • 33 primäre und 15 sekundäre Confluences in Deutschland (alle besucht)

Confluence Loclets

Wir haben mal kurz unsere Datenbank durchstöbert: Exakte “Confluence Loclets” gibt es bis jetzt noch keine. Das momentan nächstgelegene Loclet heißt “Industrie in Flittard”, liegt in Köln-Mühlheim, wurde von KLEINSCHMIDT erstellt und befindet sich 842,26m vom Confluence-Punkt 51°00’00”N 7°00’00”E entfernt.

Falls Euch also nächstes Wochenende langweilig ist… da geht noch was. Und nun viel Spaß beim Confluences blättern und LOCLET-Spielen!

PS: Und falls Ihr jetzt noch was zu Planespotting, Sternegucken oder Krötenschutz lesen wollt - bitteschön :-).